Die traditionelle Thüringer Küche ist ausgesprochen bodenständig, aber abwechslungsreich, und die hiesigen Köche sind wegen der uralten Handelsstraßen von und nach Erfurt schon seit Jahrhunderten mit der Verwendung edler Gewürze vertraut. Das schmeckt man, ob beim Imbiss auf der Straße oder in geselliger Runde im Lokal.
Typische Thüringer Speisen
Nachfolgend finden Sie typische Speisen und Gerichte aus der traditionellen Thüringer Küche.
Thüringer Bratwurst
Das erste, was man beim Besuch in jeder Thüringer Stadt bemerkt, ist der würzige Geruch. Er geht von den Bratwurstständen aus, die hier an jeder Ecke stehen. Die Thüringer Bratwurst, auch „Rostbratwurst“ oder „Roster“ genannt, ist mit 15 Zentimetern Länge und 100 bis 150 Gramm Gewicht deutlich sättigender als die fingerkleinen Rivalen aus Nürnberg. Sie werden von vielen Herstellern noch mit der Hand gedreht, wodurch jede Wurst eine individuelle Gestalt bekommt: hier dick, da dünn und an den Enden mit Zipfeln, die keine Maschine herstellen kann. Grundlage ist feines Schweinebrät, gewürzt werden die Roster je nach Herkunft unterschiedlich, mal mit Kümmel und Knoblauch, meistens mit Majoran. Am Stand werden sie einem im Brötchen gereicht, im Lokal mit Sauerkraut und Kartoffeln serviert.
Rost-Brätel
Neben den Bratwürsten liegen auf den Thüringer Grills (bzw. den „Rosten“) die Rostbrätel. Ein Brätel ist ein dünner Schweinenackenkamm, der vor dem Grillen („Braten“ sagt man in Thüringen) in Bier, Zwiebeln und Gewürzen eingelegt worden ist. Mit welchen Gewürzen konnte die Wissenschaft noch nicht feststellen, weil kein anständiger Thüringer mit seinen Rezepten herausrückt. Das Brätel gibt es am Stand wie die Roster im Brötchen und im Gasthaus mit Bratkartoffeln und Röstzwiebeln.
Traditionelle Gerichte mit Thüringer Klößen
Allen anderslautenden Meldungen zum Trotz ist nicht die Bratwurst das Thüringer Nationalgericht, sondern die Roulade mit Rotkraut und Thüringer Klößen.
Roulade
Die Rinder-Roulade ist der Mittelpunkt eines Rituals, wenn der Nachwuchs am Sonntag nach Hause zurückkehrt, um bei den Eltern am Mittagstisch Platz zu nehmen. Die Klöße werden meistens noch selbst hergestellt, mit feierlichem Ernst an der Kloßpresse aus einer Mischung aus rohen und gekochten Kartoffeln. Das dürfen Sie übrigens auch in einem guten Thüringer Lokal erwarten. Klöße aus der Packung wurden hier allgemein „Faule-Weiber-Klöße“ genannt, als man das noch durfte, und sind verpönt. Die Rouladen kommen vom Rind, fallen hierzulande sehr dick aus und werden mit Zwiebeln, Gürkchen und Speck gewickelt.
Sauerbraten
Viel Gewürz und Zeit braucht es für einen guten Sauerbraten, der in traditionellen Thüringer Gasthäusern oft auf der Karte steht. Es ist ein lange eingelegter, geschmorter Rinderbraten. Er wird wie die meisten Hauptgerichte in der Region mit Klößen und Rotkraut gereicht.
Gans
Die Gans spielt in Thüringen seit der Reformation eine besondere Rolle. Die Kinder verzaubern zu Luthers Ehren am Martinstag (11. November) mit Laternen und Gesang die dunkle Stadt und ihre Eltern freuen sich über viele Gelegenheiten für ein feierliches Gänseessen. Gänsebraten wird in Thüringer Lokalen das ganze Jahr über angeboten, in der Saison ist er aber etwas ganz Besonderes.
Deftiges aus der Thüringer Küche
Als besonders leicht ist die Thüringer Küche im Allgemeinen nicht verschrien, aber sie kann sogar noch deftiger. Fast überall bekommt man eine Haxe, hier ein gekochtes Eisbein mit Sauerkraut und Salzkartoffeln. Und ganz verwegene Wirte bieten immer noch „Tote Oma“ an – gebratene Blut- und Leberwurst an Sauerkraut und Kartoffeln oder „Kartoffelstampf“.
Getränke aus Thüringen
Seit über dreißig Jahren gibt es in Thüringen alles Schöne zum Trinken, das man woanders auch bekommt, aber hier gibt es auch Spezialitäten für kleine und große Gläser, die es eben nur hier gibt.
Thüringer Bier
Im ländlich geprägten „grünen Herz Deutschlands“ hat sich eine vielseitige Braulandschaft mit kleineren privaten Betrieben erhalten. Inzwischen auch im Westen und im Ausland begehrt ist das malzige Thüringer Schwarzbier, das seit fünfhundert Jahren gebraut wird. Es hat übrigens nicht mehr Alkohol als ein Pils, sieht aber viel besser aus.
Wein aus Thüringen
Schon seit eintausend Jahren wird in Thüringen Wein angebaut – die Mönche kamen und hatten Durst. Seit der Wende hat vor allem das Saale-Unstrut-Gebiet eine kleine Renaissance erlebt. Gekeltert werden vor allem Weißweine – Müller-Thurgau, Silvaner, Riesling oder Weiß- und Grauburgunder – und zunehmend seltene Rebsorten. Sie werden in den meisten Thüringer Restaurants eine Auswahl feiner Weine aus der Region finden.
Likör
Aus dem thüringischen Neudietendorf kommt der Aromatique, ein eigenwilliger und sehr starker Kräuterlikör (40 Prozent). Er wurde vor 200 Jahren von einem hiesigen Apotheker als Heilmittel erfunden, das erfreulicherweise sehr lecker schmeckt. Ob der „Aro“ tatsächlich gegen irgendeine Krankheit hilft, ist umstritten. Er wird aber gerne als Digestif nach einem deftigen Mahl genommen. Ob er der Verdauung nutzt, ist ebenfalls nicht bewiesen. Aber das kann man ja mal ausprobieren!
Schnaps
Die andere in Thüringen beheimatete berühmte Spirituose ist der Nordhäuser Korn. Anders als vergleichbare Schnäpse wird er aus Roggen gebrannt und nicht aus Weizen. Er schmeckt für sehr würzig und hat einen Alkoholgehalt von 38,5 Prozent. Der Doppelkorn hat sich zu DDR-Zeiten als Parallelwährung bewährt und wurde oft in Postpaketen der notleidenden West-Verwandtschaft geschickt.